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Der Weinflüsterer vom Bodensee

24. Februar 2023
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Rainer Hörmann ist leidenschaftlicher Weinliebhaber und ein begnadeter Wein Connaisseur. Seit über 20 Jahren verantwortet er als Maître und Sommelier das Geschehen im Relais & Châteaux Hotel VILLINO, nahe Lindau. Mit seinem Gespür, dem einzelnen Gast den richtigen Wein zur richtigen Speise zu empfehlen, begeistert er nicht nur unsere Redakteurin.

Seine „Weinrunden“ – eine Veranstaltungsreihe, die mehrmals im Jahr im Weinkeller des VILLINO stattfindet – erfreuen sich großer Beliebtheit und sind weit im Voraus ausgebucht.

Im Interview verrät er, warum er einem Gast, den er noch nicht kennt, niemals einen teuren Wein empfehlen würde und gibt handfeste Tipps, wie man vom unbedarften Weintrinker zum Profi werden kann. Sein Credo: Der Wein ist wie das Leben – man lernt nie aus.

von Karin Ziegelasch

luxuszeit: Ich bin jedes Mal aufs Neue beeindruckt, wenn Sie mir einen Wein kredenzen, den ich noch nicht kenne, der mir aber auf Anhieb schmeckt. Wie schaffen Sie das? 


Rainer Hörmann (schmunzelt): Ich würde mal sagen, das ist in erster Linie Know-how mit einer Prise Intuition. Ein ausgeprägtes Erinnerungsvermögen in Bezug auf Weine und Gäste gehören natürlich auch dazu. Ich habe in meinem Kopf eine Vielzahl an Weinen sowie deren Ausprägungen und Typizität abgespeichert, damit ich das über die Jahre angesammelte Wissen auf Knopfdruck abrufen kann. Wenn ich den Gast nicht kenne, frage ich, worauf sie oder er Lust hat und welche Weine zu Hause bevorzugt getrunken werden. Aus den Antworten ziehe ich meine Schlüsse, kann das Niveau, den persönlichen Geschmack einschätzen und eine treffsichere Empfehlung aussprechen. Ich versuche, den Gast zu „lesen“, seinen favorisierten Weingeschmack zu erkennen, damit ich ihm dann den Wein kredenzen kann, der ihm Freude macht. Das treibt mich an. Wenn der Gast glücklich ist und mit einem Lächeln auf den Lippen sagt „Das ist genau meins“, bin ich zufrieden und habe einen guten Job gemacht. 


luxuszeit: Besonders schwierig stelle ich mir das bei den Weinrunden vor … 


Rainer Hörmann: Ja, das ist für mich jedes Mal wieder eine spannende Challenge. Hier präsentiere ich ausgewählte Weine im Rahmen eines Themenabends, wie beispielsweise „Toskana zum Verlieben“ – zusammen mit einem vom Chefkoch darauf abgestimmten Menü. Diese Weine richte ich meiner Philosophie entsprechend dann geschmacklich auf die Runde aus. An so einem Abend wird sehr viel über Wein geredet – harmoniert er mit dem Essen, wie steht es mit der Säure, welche Aromen hat er, die Rebe, der Winzer und vieles mehr. Da geht es richtig zur Sache.


luxuszeit: Die Gäste vertrauen Ihnen … 


Rainer Hörmann: Ich möchte meinen Gästen die perfekte Kombination aus Kulinarik und Wein bieten und dabei die Persönlichkeit des Gastes in den Vordergrund stellen, denn nur dann bin ich mir sicher, dass er mit Freude genießen kann, mit einem guten Gefühl wiederkommt und zum Stammgast wird.

Ich habe beispielsweise noch nie einen Wein mit dem Gedanken verkauft, Umsatz zu machen. Bei der Auswahl leiten mich meine Intuition und die langjährige Erfahrung. Wenn ich denke, ein Wein für 40 Euro ist für diesen Gast perfekt, dann verkaufe ich den für 40 Euro und keinen für 200 Euro. Einem Gast, den ich nicht kenne, würde ich grundsätzlich nie einen Wein, der preislich über 70 Euro liegt, empfehlen. Wenn ich rein monetär getrieben wäre, wäre ich nicht authentisch und folgend würde ich das Vertrauen der Gäste verlieren.

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Der Weinkeller des VILLINO bietet eine beachtliche Auswahl an Weinen.

luxuszeit: Sie sind aus Neugier und Leidenschaft zum erfahrenen Sommelier geworden. Verraten Sie mir, wie ich als Weinliebhaberin lerne, einen guten von einem schlechten Wein kompetent zu unterscheiden, wie ich mich zur Weinkennerin entwickeln kann? 


Rainer Hörmann: Ich habe mir viele Gedanken darüber gemacht, was einen guten Wein ausmacht. Guten Wein zu erkennen, ist keinesfalls eine subjektive Entscheidung. Für mich sind das drei Faktoren – Frucht, Säure und Alkohol. Wenn das Zusammenspiel harmonisch ist, stimmt die Balance und wenn die vorhanden ist, spreche ich von einem guten Wein. Ein Profi kann das beurteilen, für einen Einsteiger ist das kaum möglich. Doch wenn man Interesse zeigt, neugierig ist und Wein genießen will und nicht jeden x-beliebigen als Beiwerk trinkt, gilt ganz einfach: „Learning by doing“ und die gemachten Erfahrungen, Erkenntnisse speichern – im Kopf, auf dem Smartphone oder auf Papier. 


luxuszeit: Probieren geht über Studieren. 


Rainer Hörmann: Nicht ganz … die Kombination bringt den Erfolg. Im Zeitalter des Internets findet man ohne großen Aufwand jede nur erdenkliche Information zu einem Wein, beispielsweise zur Lage, zum Winzer, zur Traube, zum Anbaugebiet und zum Boden. Der Einsteiger kommt in der Regel über sein aktuelles Geschmacksempfinden zu einem Urteil: Der Wein schmeckt mir oder eben nicht. Doch beschäftigt er sich intensiver mit dem Wein, der ihm gut schmeckt, sammelt entsprechend Informationen zum Wein und verknüpft diese mit seinen persönlichen Erfahrungen, kann er auf dieser Basis seine nächste Kaufentscheidung bereits fundierter treffen. Er erhöht die Trefferquote, kann die Weine besser vergleichen und das neue Geschmackserlebnis mit dem vorherigen abgleichen. Den eigenen Geschmack zu definieren, bewusst zu trinken und sich gedanklich damit zu beschäftigen, macht Spaß und bringt einen weiter. Wenn man zum Beispiel jedes Wochenende einen anderen Wein trinkt, sind das im Jahr 52 oder 53 unterschiedliche Sorten … 


luxuszeit: … und damit eine gute Ausgangslage, um sein Geschmacksempfinden weiterzuentwickeln. 


Rainer Hörmann: Holt man sich hin und wieder einen Rat vom Fachmann, lässt man sich nicht von Vorurteilen leiten, wie beispielsweise, dass man Weißweine nur gekühlt oder Rotweine nur in Zimmertemperatur trinkt, und ganz wichtig, achtet man auch darauf, welches Glas zu welchem Wein gewählt wird, hat man eine gute Chance, im Laufe der Zeit ein Weinkenner zu werden. Auch ich lerne nie aus und entdecke immer wieder Neues.

Wein ist wie das Leben – mit Überraschungen, die einem unverhofft begegnen und mit denen man nie gerechnet hat. Seit 36 Jahren bin ich mit dem Thema eng verbunden und ich finde es immer noch unglaublich spannend und lerne jeden Tag dazu. 


luxuszeit: Was möchten Sie denen mitgeben, die sich für den Beruf des Sommeliers entscheiden? 


Rainer Hörmann: Disziplin ist die wichtigste Eigenschaft, um auf lange Jahre gesehen erfolgreich arbeiten zu können, um physisch und psychisch fit zu bleiben – vor allem im Hinblick auf die Weinverkostung. Um die nötige Erfahrung zu sammeln, muss man in meinem Beruf sehr viel Wein probieren. Während meiner Arbeit verkoste ich ausschließlich und spucke ihn danach aus. 


luxuszeit: Beeindruckend konsequent … 


Rainer Hörmann: Ja, aber wichtig. Das ist schon eine Gratwanderung. Ich werde mehrmals pro Woche im Restaurant von Gästen auf ein Glas Wein eingeladen – und lehne jedes Mal ab. Da habe ich einen eisernen Willen. Doch letztendlich verstehen die Gäste mein Vorgehen, weil ich mich ausnahmslos so verhalte und nicht bei dem einen „Ja“ und bei dem anderen „Nein“ sage. 


luxuszeit: Aber privat trinken Sie schon ein Glas, oder? Verraten Sie uns, welche Weine Sie persönlich bevorzugen? 


Rainer Hörmann: Wein ist meine Leidenschaft und ich genieße es, in meiner Freizeit guten Wein in Maßen zu trinken. Mein Weingeschmack ist speziell – ich bin bekennender Fan von alten Weinen. Dazu muss ich etwas ausholen. Ich unterscheide zwischen Charakterweinen und gemachten Weinen. Gemachte Weine sind Weine, die sich qualitativ oder auch preislich im oberen Segment befinden können, die aber – egal, wie lang der Wein geöffnet ist oder was Sie dazu essen – immer gleich schmecken. Im Vergleich dazu sind Charakterweine in alter Machart mit weniger Alkohol, längerer Maischestandzeit (also Weine, die über einen langen Zeitraum reifen) und frühestens nach 10 oder erst nach 20 oder über 30 Jahren ihren Charakter entwickelt haben, eine andere Hausnummer. So ein Wein ist authentisch, er hat ein viel größeres Spektrum an Aromen mit Ecken und Kanten. Wenn ich ihn trinke, erzählt der Winzer mir eine sehr persönliche Geschichte zu seinem besonderen Produkt mit seiner speziellen Typizität. Das ist für mich wie ein spannendes Buch, das ich lese und dabei tief eintauche in eine andere Welt. Bevorzugt genieße ich derzeit 80er Jahrgänge aus dem Weinanbaugebiet Bordeaux und aktuell die 85er, weil das Weine mit vergleichsweise wenig Alkohol mit circa zwölf Volumenprozent sind und dennoch unglaublich viel Charakter haben. 


luxuszeit: Und dazu ein darauf abgestimmtes Menü oder eine edle Käseauswahl? 


Rainer Hörmann: Nein, Sie werden lachen. Meine Partnerin und ich sind bekennende Pasta-Fans. Dazu ein schöner Salat – und die Welt ist in Ordnung. 


luxuszeit: Herr Hörmann, vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch und Buon Appetito.

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Im Sterne-Restaurant des Hotel VILLINO berät Sommelier Rainer Hörmann die Gäste bei der Weinauswahl.

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