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Das Altstadt Vienna: Ein Gesamtkunstwerk mit vielen Geschichten

02. Dezember 2022
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Saskia Wiesenthal | Hotel Altstadt Vienna | Wien | Archiv | luxuszeit.com
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1991 eröffnete der passionierte Kunstsammler Otto Wiesenthal das Hotel Altstadt Vienna, das mit seinen individuell gestalteten Zimmern zu einem legendären Wiener Hotel wurde. Im gesamten Haus finden sich Werke seiner Sammlung wieder und werden für die Gäste hautnah erfahrbar. Auch Tochter Saskia, die ihn im Hotel als Marketing-, Art- und Social Media Managerin unterstützt, teilt seine Leidenschaft für zeitgenössische Kunst. Wir haben Saskia Wiesenthal getroffen und mit ihr über ihre Passion, das Hotel und ihre persönlichen Blickwinkel gesprochen.

von Anna Schwendner

luxuszeit: Saskia, Du bist mit Kunst quasi groß geworden. Gibt es dennoch das eine Schlüsselerlebnis, das Deine Leidenschaft geweckt hat? 


Saskia Wiesenthal: Ja, das gibt es tatsächlich. Mit 21 Jahren war ich alleine auf einer Reise in Guatemala und habe dort einen deutschen Wandergesellen kennengelernt. Im Gespräch erzählte er mir von seinen Cousins, beide Künstler, die eine Ausstellung in Köthen in Sachsen-Anhalt planen. Wir blieben in Kontakt und ich bin dann tatsächlich zu dieser Ausstellung gefahren, die in einem wunderschönen alten Wasserwerk stattfand. Drei Künstler stellten dort ihre Werke vor und es gab Lesungen ... es war ein toller Abend mit einer einzigartigen Atmosphäre. Ich habe dort Freundschaften geschlossen, die bis heute, über 20 Jahre später, anhalten. An diesem Tag habe ich gelernt, was Kunst alles bedeuten und bewirken kann. 


luxuszeit: Gibt es ein Kunstwerk aus der Sammlung Deines Vaters, das bei Dir eine besondere Wirkung hervorruft? Im positiven oder negativen Sinne? 


Saskia Wiesenthal: Kunst war bei uns zu Hause ganz selbstverständlich – es gab keinen Raum, in dem kein Werk hing – selbst auf der Toilette. Hier hängt nach wie vor das erste Exponat meines Vaters, das er noch als Student gekauft hat: ein Akt einer Frau mit Strubbelhaaren und Hängebrüsten. Das fanden meine zwei Schwestern und ich immer ganz schrecklich. Heute sehe ich das anders – ich verstehe Kunst besser und mag es, wenn Emotionen erzeugt werden. 


luxuszeit: Du sprichst von Deiner Kindheit ... wie hast Du das Hotel wahrgenommen als Du noch ein Kind warst? 


Saskia Wiesenthal: Mein Vater hat das Hotel eröffnet als ich 12 Jahre alt war. Damals war für mich alles sehr aufregend. Bevor das Hotel für Gäste geöffnet wurde, durften wir mit Freunden eine Nacht dort verbringen und die Betten testen, das war spannend. Anfangs habe ich auch gelegentlich am Wochenende beim Frühstücksservice ausgeholfen.

Hotel Altstadt Vienna | Wien | United Nations Suite | Magazin | luxuszeit.com

Die United Nations Suite ist mit Designklassikern ausgestattet


luxuszeit: Du hast viel fotografiert und das Fotokolleg an der Graphischen absolviert. Du sagst aber selbst, dass Dir der Mut gefehlt hat, etwas daraus zu machen. Bereust Du es heute, diesen beruflichen Weg nicht weiter verfolgt zu haben und stattdessen in das Hotel Deines Vaters eingestiegen zu sein? 


Saskia Wiesenthal: Bereuen würde ich es nicht nennen, weil ich jetzt im Hotel die Möglichkeit habe, mit verschiedenen kreativen Persönlichkeiten zusammenzuarbeiten und spannende Bekanntschaften zu machen – so kann ich meine Leidenschaft für Kunst auf einer anderen Ebene ausleben. Ich sehe das Hotel als Plattform, um interessante und wundervolle Menschen aus der Kunstszene kennenzulernen und mit ihnen gemeinsam etwas zu erschaffen. Hin und wieder überlege ich mir schon, was passiert wäre, hätte ich die Kunstuni besucht. Aber genau genommen bin ich mit dem, was ich gerade tue, sehr glücklich. 


luxuszeit: Du arbeitest nicht nur im Hotel mit verschiedenen Künstlern und Designern zusammen, Du sammelst auch selbst Kunst. Welche Kriterien verfolgst Du bei der Wahl eines Werkes? 


Saskia Wiesenthal: Dadurch, dass ich viele Künstler persönlich kennenlernen durfte und durch diese erfahren habe, was hinter deren Arbeit steckt, kaufe ich hauptsächlich Kunst von Menschen, die ich kenne und die mich auf irgendeine Weise bewegen. Kunst ist etwas sehr Persönliches. Künstler drücken in ihren Arbeiten viel von dem, was in ihnen vorgeht und was sie beschäftigt, aus. Mir ist es wichtig zu wissen, wessen Gedanken, Intentionen und Energien ich mir ins Haus hole. Kunstwerke sind wie eine Pforte in eine andere Welt oder in das Universum des Künstlers – ich mag es, eine Verbindung zu der Energie des Künstlers zu spüren, dessen Arbeit ich auswähle. 


luxuszeit: Apropos Auswahl: Die meisten Zimmer im Altstadt Vienna wurden von bekannten Designern gestaltet, jedes ist ein Unikat. Außerdem hängt in jedem Zimmer etwas aus der Kunstsammlung deines Vaters. Bevor ein Raum neugestaltet wird: Steht erst das Kunstwerk fest und der Raum wird im Anschluss konzipiert oder sucht ihr das Kunstwerk nach dem Raum aus? 


Saskia Wiesenthal: Das Raumkonzept steht komplett im Vordergrund und mein Vater und ich wählen die Kunst im Anschluss aus. Damit ist der Gestaltungsprozess aber nicht immer abgeschlossen. Bei der Violet Suite beispielsweise, unser letztes Zimmer, das neugestaltet wurde, habe ich mich für ein bestimmtes Werk entschieden. Dann habe ich den Künstler Carsten Fock eingeladen, die Wand gegenüber von dem ausgewählten Bild zu gestalten. So ist ein großes Gesamtkunstwerk entstanden.Manchmal schlagen auch die Designer Werke vor, die zu ihrem Stil passen, da sind wir offen. Aber das Einrichtungskonzept steht zuerst.

Hotel Altstadt Vienna | Wien | Violet Suite | Magazin | luxuszeit.com

Die Violet Suite im Altstadt Vienna mit der Wandgestaltung von Carsten Fock (links)


luxuszeit: Lasst ihr den Designern ansonsten freie Hand bei der Gestaltung oder gibt es Vorgaben? 


Saskia Wiesenthal: Wir geben keine Farbwelten oder Ähnliches vor – das Design muss für die Gäste funktionieren. Die Gestalter haben viel Spielraum. Eine Vorgabe, die wir machen, ist, dass das Zimmer einen Bezug zur Stadt haben und auch die Persönlichkeit des jeweiligen Designers widerspiegeln sollte. Aber das passiert meistens automatisch, wenn man sie machen lässt, da können sie sich mit ihren Ideen austoben. Manche Zimmer entstanden auch aus einem Thema heraus: Unsere Opera und Library Suiten wurden auf Basis der Platten- und Büchersammlung, die uns ein Berliner Stammgast überlassen hat, erschaffen.

Hotel Altstadt Vienna | Wien | Opera Suite und Library Suite | Magazin | luxuszeit.com

Die Opera Suite (links) und Library Suite (rechts) im Altstadt Vienna


luxuszeit: Wie reflektieren Eure Gäste die Kunstwerke – interessieren sie sich dafür, stellen sie Fragen? 


Saskia Wiesenthal: Immer wieder ... meistens gefällt ihnen ein Kunstwerk besonders gut und sie fragen danach. Wir bieten auch Hausführungen an, die sehr gut angenommen werden. Ich gehe mit den Gästen durch die Zimmer und sage etwas zu der Kunst oder zum Interior Design. Es gibt so viel zu erzählen – wir haben nicht nur eine Kunstsammlung, sondern auch eine Zimmersammlung. Jedes Zimmer ist so einzigartig und schon alleine ein Kunstwerk und verbirgt zahlreiche Geschichten. 


luxuszeit: Welche Geschichte vom Haus erzählst Du am liebsten? 


Saskia Wiesenthal: Mein Vater wurde vor einiger Zeit von einer Frau kontaktiert, die ihm erzählte, dass sie einen Kronleuchter von ihrer Großmutter, die früher im Gebäude des Altstadt Viennas lebte, geerbt hat. Es handelte sich um einen Lobmeyr Luster mit langen braunen Glasarmen – irrsinnig schön. Mein Vater hat ihn der Dame abgekauft und herrichten lassen. Jetzt hängt er in dem Zimmer, in dem die Großmutter früher wohnte. So ist der Kronleuchter wieder an seinen ursprünglichen Platz zurückgekehrt. Ich mag es sehr, dass wir die Möglichkeit haben, solche Dinge zu bewahren und zu pflegen. 


luxuszeit: Ihr habt auch oft prominenten Besuch ... gibt es da eine lustige Anekdote? 


Saskia Wiesenthal: Der Schauspieler Daniel Brühl war bei uns zu Gast – anlässlich einer Preisverleihung in Wien. Für die Veranstaltung hatte er sich extra einen Maßanzug aus Kaschmir anfertigen lassen. Der Anzug ist irgendwie bei uns in die Wäsche geraten und ziemlich eingegangen. Er rief ganz aufgeregt an der Rezeption an, die Verleihung stand kurz bevor. Uns hat das natürlich extrem leidgetan und wir haben alle Hebel in Bewegung gesetzt, einen neuen Anzug zu besorgen. Zum Glück hat alles geklappt, er war rechtzeitig bei der Preisverleihung und hatte einen bravourösen Auftritt. Im Nachgang hat er es mit Humor genommen – in einem Interview erwähnte er später, dass er eigentlich eher sportlich gekleidet sei, sich aber einmal in seinem Leben einen Maßanzug schneidern hat lassen, der dann ausgerechnet von seinem Lieblingshotel geschrumpft wurde.


luxuszeit: Lieblingshotel ist ein schönes Kompliment. Hast Du einen Lieblingsort im Hotel? 


Saskia Wiesenthal: Ich finde den Salon wunderbar, weil man dort ganz für sich sein kann und trotzdem die Lebendigkeit des Hauses und der Gäste mitbekommt. Ich bin aber auch ein Küchenmensch – ich verbringe viel Zeit in unserer Küche und bin die Erste, die aushilft, wenn es etwas stressig wird. Die Geschirrspülmaschine aus- und einzuräumen hat für mich etwas Meditatives.

Hotel Altstadt Vienna | Wien | Roter Salon | luxuszeit.com

Der rote Salon lädt zum Verweilen ein


luxuszeit: Wie würde ein Zimmer aussehen, das alleine Deine Handschrift trägt? 


Saskia Wiesenthal: Ich wünsche mir schon lange ein ganz schlichtes Zimmer ohne Fernseher, ohne Minibar, mit Naturfarben und wirklich aufs Wesentliche reduziert – im Stil von Wabi Sabi, dem japanischen Konzept von Wahrnehmung und Schönheit. Ich glaube, dass es gut funktionieren würde. Bisher konnte ich mich leider noch nicht mit dieser Idee durchsetzen, da viele Gäste natürlich Annehmlichkeiten wie Minibar und Fernseher erwarten. Aber ich glaube, dass die Menschen sich eigentlich nach so etwas sehnen und wenn sie dann in so einem Raum sind, spüren, wie befreiend das ist, wenn man die Reize alle rauslässt und ganz reduziert wohnen kann. 


luxuszeit: ... und so sieht es auch bei Dir zu Hause aus? 


Saskia Wiesenthal: Nein, ehrlich gesagt überhaupt nicht. Vielleicht wünsche ich es mir deswegen. Ich lebe mit meinem Mann, zwei Kindern und einem Hund und würde mich selbst als ein bisschen chaotisch bezeichnen. Meine Einrichtung ist eine Mischung aus alt und neu und sehr gemütlich. Das Herzstück ist das große Wohnzimmer mit Kamin und vielen Büchern, Platten und Bildern. Wir fühlen uns alle sehr wohl. 


luxuszeit: Das Wiener Lebensgefühl spielt eine zentrale Rolle im Altstadt Vienna und spiegelt sich in einigen der Bilder und Räume wider. Wie würdest Du als waschechte Wienerin dieses Lebensgefühl beschreiben? 


Saskia Wiesenthal: Wiener schätzen Gemütlichkeit und Geselligkeit. Man sagt, beim Reden kommen die Leute zusammen. In Wien treffe ich immer wieder Menschen, die ich über Ecken schon kenne, es ist alles sehr gut verknüpft. Für mich persönlich sind knarrende Parkettböden und Flügeltüren sehr wienerisch, einfach weil ich so aufgewachsen bin. Die Stadt ist angenehm klein und überschaubar, es gibt ganz viel Grün, die Leute sind sehr locker und entspannt. Die Wiener Gemütlichkeit gibt es tatsächlich, das ist kein Klischee – ich liebe es.

Hotel Altstadt Vienna | Wien | Suite | Magazin | luxuszeit.com


luxuszeit: Und was macht die Wiener Kunstszene so besonders? 


Saskia Wiesenthal: Genauso wie die Stadt ist auch die Kunstszene sehr überschaubar, im positiven Sinne. Ich habe sehr interessante Persönlichkeiten kennengelernt, die mit vollem Herzblut dabei sind und ihre Arbeiten in die Welt bringen wollen. Wenn ich meine Fühler auf anderen Kunstmärkten ausstrecke bin ich oft überfordert von der Fülle an Künstlern. Das finde ich in Wien deutlich angenehmer. 


luxuszeit: Gibt es Kunstgalerien oder Museen in Wien, die Du selbst regelmäßig besuchst? Hast Du einen Geheimtipp? 


Saskia Wiesenthal: Das Albertina ist ein Must-see in Wien. Die Räumlichkeiten sind toll und es finden interessante Ausstellungen statt. Ansonsten gibt es mehrere Galerien, in denen ich gerne Zeit verbringe, wie die ALBA Gallery, die Galerie Reinthaler und die Collectors Agenda, die neben einem Projektraum in Wien auch als digitale Kunstplattform fungieren. Dort werden immer spannende Künstlerinnen und Künstler vorgestellt und porträtiert – definitiv einen Besuch wert! 


luxuszeit: Du bist sehr umtriebig und sagst selbst, dass Du manchmal bis in die Nacht arbeitest. Wie kommst Du zur Ruhe, wie verbringst Du deine persönliche luxuszeit? 


Saskia Wiesenthal: Ich wohne am Stadtrand und gehe mindestens dreimal am Tag mit meinem Hund spazieren. Das ist auch das Erste, was ich mache, wenn ich abends nach Hause komme, egal wie spät es ist. Meistens höre ich dabei Musik, da wird auch manchmal die Wiese zu meiner Tanzfläche. Das hat, wie das Geschirrspüler Aus- und Einräumen etwas Meditatives für mich. Außerdem habe ich vor ein paar Jahren angefangen, im Verein zu schwimmen. Im Wasser kann ich sehr gut abschalten, da bin ich von allen Reizen befreit und kann mich nur auf mich selbst konzentrieren. 


luxuszeit: Ich habe gesehen, dass Du auch gerne Zeit in anderen Hotels verbringst ... gibt es eine Lieblingsadresse? 


Saskia Wiesenthal: Erst vor Kurzem war ich im Hotel Forsthofgut in Leogang, das hat mich sehr beeindruckt – ich genieße es, wenn ich so in die Natur eingebunden bin. Sonst gibt es zum Beispiel das Auersperg in Salzburg oder den Seehof in Goldegg, in denen ich gerne Zeit verbringe. Das sind alles familiengeführte Betriebe, in denen man spürt, dass sie mit Leidenschaft und Liebe zum Detail entstanden sind – wie auch unser Altstadt Vienna.

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Schlusslicht: 


Gottfried Helnwein oder Hermann Nitsch?

Hermann Nitsch 


Mut: Pflicht oder Kür?

Kür 


Elektronische Musik oder Klassik?

Elektronische 


Kaiserschmarrn oder Mochi?

Als Wienerin – Kaiserschmarrn 


Yoga oder Waldbaden?

Waldbaden 


(Charles) Eames oder (Arne) Jacobsen?

Eames 


Slim Fit oder Casual?

Casual 


Candy Bar oder Kuchenbuffet?

Im Altstadt Vienna haben wir beides, ich bevorzuge das Kuchenbuffet

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